Mitten in der Kalahari Botswanas arbeitet Leopard Ecology & Conservation mit der Gemeinschaft von Kaudwane daran, Bienen zu echten Botschaftern des Wandels zu machen. In einer Region mit hoher Arbeitslosigkeit und zunehmender Überweidung entwickelt sich die Imkerei zu einem starken Werkzeug – sowohl für den Lebensunterhalt der Menschen als auch für die Natur. Was als kleine Initiative begann, ist inzwischen zu „Gene Xlhauu“ herangewachsen, der ersten gemeinschaftsbasierten Imkergruppe der Region. Sie wurde im Oktober 2023 offiziell registriert und besteht aus Frauen und Männern aus der Umgebung. Mit Ausbildung, Werkzeugen und neuen Bienenstöcken schafft dieses Basisprojekt neue Chancen – und trägt gleichzeitig zur Wiederherstellung der Biodiversität bei.
Eine gemeinschaftsgetragene Lösung
Kaudwane ist ein Dorf mit rund 1’200 Einwohnern am Rand der Central Kalahari und des Khutse Game Reserve. Wie viele ländliche Gemeinden in Botswana leidet es unter hoher Arbeitslosigkeit und ist stark von der Viehhaltung abhängig – was zu Überweidung und zur Zerstörung der natürlichen Vegetation geführt hat. Viele Familien gewannen ihren Honig früher aus wilden Bienennestern, oft indem sie diese zerstörten. Gezielte, nachhaltige Imkerei war selten.
Das ändert sich nun. Mit Unterstützung von LEC bewirtschaftet Gene Xlhauu zwei Bienenstände und stellt von der unkontrollierten Honigjagd auf eine moderne, nachhaltige Imkerei um. Die Gruppe – aktuell vier Frauen und zwei Männer – ist nicht nur ein wirtschaftlicher Fortschritt, sondern auch ein sozialer: Frauen und junge Leute erhalten neue Fähigkeiten und Anerkennung als Hüterinnen und Hüter der Umwelt.
Warum Bienen?
Die Vorteile der Imkerei reichen weit über die Honigproduktion hinaus. Bienen sind wichtige Bestäuber und sichern das Überleben vieler wilder Pflanzen und Nutzpflanzen. In der halbtrockenen Savanne rund um Kaudwane tragen sie dazu bei, die Pflanzenvielfalt zu erhalten. Das stabilisiert den Boden, sorgt für Weideflächen für das Vieh und stärkt das gesamte Ökosystem. Besonders wichtig ist dies in den Pufferzonen zwischen Dörfern und Wildschutzgebieten, wo menschliche Nutzung und Naturschutz aufeinandertreffen.
Imkerei gibt den Familien ausserdem die Möglichkeit, ihre Einkommen zu diversifizieren. Botswana produziert derzeit nur rund 1,5 % des Honigs, den es selbst konsumiert – die Nachfrage nach lokalem Honig ist also gross. Mit der richtigen Ausbildung und Ausrüstung können die Imker in Kaudwane Honig und Wachs nicht nur für den Eigenbedarf produzieren, sondern auch auf lokalen und regionalen Märkten verkaufen.


Ausbildung und Kapazitätsaufbau
Ein zentrales Ziel des Projekts ist es, nachhaltige Fähigkeiten aufzubauen. Die Mitglieder von Gene Xlhauu erhalten regelmässige Schulungen durch erfahrene Imker und die regionale Imkerei-Beratungsstelle in Letlhakeng. Diese Workshops decken alles ab: von der Bienenstockpflege und Honigernte über Bienengesundheit bis hin zu Marketingstrategien. Zwischen 2024 und 2025 sind drei grössere Schulungen geplant, damit sowohl Anfänger wie auch erfahrene Mitglieder ihre Kenntnisse weiter vertiefen können.
Neben der Ausbildung investiert das Projekt in Infrastruktur: 2024 wurde ein neuer Bienenstand mit fünf zusätzlichen Stöcken eröffnet, die von den lokalen Mitgliedern betreut werden. Diese Erweiterung steigert nicht nur die Honigproduktion, sondern stärkt auch das Verantwortungsgefühl der Gemeinschaft für das Projekt.
Verknüpfung zwischen Bienen und Biodiversität
Das Projekt geht über die reine Honigproduktion hinaus. Ein Kernbestandteil ist das Monitoring von Pflanzen in der Umgebung, um herauszufinden, welche Arten besonders wertvolle Nektar- und Pollenquellen für die Honigbienen sind. Alle 15 Tage sammeln geschulte Gemeindemitglieder Proben aus der Vegetation rund um die Bienenstände.
Dieses Monitoring wird die erste Pollenbibliothek der Region hervorbringen – in Zusammenarbeit mit der Universität für Landwirtschaft und Naturressourcen Botswanas. Diese Bibliothek hilft nicht nur, die Imkerei zu verbessern, sondern macht den „Kalahari-Honig“ noch wertvoller, indem sie seine botanische Herkunft dokumentiert. Indem Bestäubung und Vegetationsbeobachtung verknüpft werden, leistet das Projekt auch einen Beitrag zur Bekämpfung der Überweidung. Es liefert Wissen für künftige Wiederherstellungspläne und zeigt auf, wie wichtig es ist, blühende Pflanzen und ihre Lebensräume zu schützen.
Inspiration für die nächste Generation
Damit der Wandel langfristig wirkt, müssen auch die Jüngsten einbezogen werden. Deshalb arbeiten LEC und Gene Xlhauu mit Schulen und Jugendlichen zusammen. 2025 wird die Gruppe eine Umweltbildungs-Veranstaltung an der Schule von Kaudwane durchführen, bei der Kinder alles über Bienenökologie, Naturschutz und nachhaltige Imkerei lernen. Eine weitere öffentliche Veranstaltung am Kotla (dem traditionellen Versammlungsplatz) bringt die ganze Gemeinschaft zusammen, um Wissen zu teilen und die Rolle der Bienen zu feiern.
So entstehen nicht nur neue Imkerinnen und Imker, sondern auch zukünftige Naturschützer – und traditionelles Wissen wird gemeinsam mit moderner Wissenschaft an die nächste Generation weitergegeben.
Eine nachhaltige Zukunft aufbauen
Das Projekt ist von Anfang an auf eine lange Laufzeit ausgelegt. Der Erfolg wird nicht nur an der Honigmenge gemessen, sondern auch daran, wie stark die Gemeinschaft beteiligt ist, wie viele Bienenstöcke überleben und ob die Natur sich erholt. Zu den Zielen gehören unter anderem eine Steigerung der Honigproduktion um mindestens 10 Kilogramm pro Bienenstock bis 2026, eine Überlebensrate von über 60 % der Völker und die Teilnahme von mindestens 20 Personen an jeder Schul- oder Gemeinschaftsveranstaltung.
Risiken wie Dürre, Bienenverluste oder niedrige Produktion werden ernst genommen – deshalb gibt es Strategien wie das Zufüttern der Bienen oder die Entwicklung weiterer Produkte. Partnerschaften mit regionalen Institutionen, staatlichen Stellen und internationalen Stiftungen sichern die fachliche und finanzielle Unterstützung, damit das Projekt auch nach Ende der Startfinanzierung weiterwachsen kann.

Mehr als nur Honig
Im Kern geht es bei diesem Projekt um weit mehr als um Honig. Es geht um Selbstbestimmung: Frauen, Männer und Jugendliche bauen Fähigkeiten auf, verdienen eigenes Einkommen und können stolz darauf sein, ihr Land zu bewahren. Es geht um Resilienz: den Menschen eine Lebensgrundlage zu geben, die mit der Natur arbeitet und nicht gegen sie. Und es geht um Verbindung: zwischen Menschen, Bestäubern und Ökosystemen – zum Nutzen aller.
Aus zwei kleinen Bienenständen in Kaudwane entsteht ein Modell, das zeigt, wie ländliche Gemeinden in ganz Botswana Hoffnung, Chancen und ökologische Erneuerung schaffen können.